Entsolidarisierung?
Flucht, Schutz und Teilhabe in einer Welt ohne Ordnung

6. Konferenz des Netzwerks Fluchtforschung

28.–30. September 2026 | Universität Hildesheim | Deutschland 

Organisiert vom Netzwerk Fluchtforschung und
dem Zentrum für Bildungsintegration (ZBI) der Universität Hildesheim

1. Konferenzthema und Zielsetzung

Diese internationale wissenschaftliche Konferenz untersucht kritisch, wie Zwangsmigration, Flüchtlingsschutz und Inklusion in einer zunehmend fragmentierten und unsicheren globalen Ordnung neu definiert werden. Sie zielt darauf ab, die Auswirkungen auf Solidarität in internationalen, nationalen und lokalen Kontexten zu analysieren. Welche Formen von Solidarität stehen derzeit unter Druck, welche gewinnen an Bedeutung und wie? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Rechte, Anerkennung, den Schutz und die Teilhabe von Geflüchteten?

In den letzten zehn Jahren hat die Zahl der Menschen, die weltweit zur Flucht gezwungen wurden, zugenommen und erreichte im Jahr 2024 123,2 Millionen. Ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren prägt diese Entwicklung: anhaltende und (erneut) eskalierende Konflikte in Regionen wie Sudan, Myanmar, Ukraine, Gaza, dem weiteren Nahen Osten und dem Horn von Afrika; autoritäre Tendenzen und ein geschwächtes multilaterales System; Umweltzerstörung; sowie tief verwurzelte globale Ungleichheiten. Hinzu kommt die komplexe Dynamik internationaler Entwicklungszusammenarbeit, die seit Jahren zur Bekämpfung der „Fluchtursachen“ eingesetzt wird, während großangelegte Infrastrukturprojekte paradoxerweise weitere Vertreibungen verursachen. Diese Überschneidungen belasten traditionelle Schutzmechanismen und erschweren die Handlungsfähigkeit bestehender Governance-Strukturen.

Fünfundsiebzig Jahre nach Inkrafttreten der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 bleiben ihre Kernprinzipien formal bestehen, werden jedoch schon fast routinemäßig hinterfragt, neu interpretiert oder umgangen. Die normativen Grundlagen des Flüchtlingsschutzes stehen zunehmend unter Druck. So verlagern europäische Staaten ihre Strategien von multilateralen Abkommen hin zu bilateralen Deals mit Herkunftsländern, um Migration gezielt zu steuern und zu kontrollieren. Diese Abkommen umgehen UN-geführte Bemühungen und riskieren, koloniale Ungleichheiten zu perpetuieren und Migrant*innen zu marginalisieren, insbesondere wenn menschenrechtlicher Schutz nicht gewährleistet ist. Gleichzeitig nehmen Abschreckungs-, Externalisierungs- und Sicherungsmaßnahmen zu, selbst in langjährigen Aufnahmestaaten. In vielen demokratischen Ländern gewinnen rechtspopulistische Parteien und Narrative an Einfluss, während Mitte-Links-Parteien in der Migrations- und Asylpolitik nach rechts rücken. Öffentliche Diskurse über Migration sind oft polarisiert, untergraben den sozialen Zusammenhalt und die politische Unterstützung für inklusive Politiken, während sie häufig auf mangelnder sachlicher Grundlage beruhen. So bestehen in postmigrantischen Gesellschaften weiterhin ungleicher Zugang zu öffentlichen Ressourcen und Ausschlussmechanismen. In diesem Kontext sind relevante zivilgesellschaftliche Initiativen zunehmend unter Druck, während gleichzeitig Beispiele alltäglicher Solidarität, gegenseitiger Unterstützung und gesellschaftlicher Nähe weiterhin sichtbar werden.

Geographisch betrachtet liegt der Fokus von westlicher Medienberichterstattung und Forschung oft auf den Aufnahmestaaten im Globalen Norden, obwohl die meisten Geflüchteten in Nachbarländer, überwiegend im Globalen Süden, gelangen. Dies verdeutlicht eine Diskrepanz zwischen der globalen Wahrnehmung von Flucht „vom Süden in den Norden“ und den tatsächlichen Migrationsmustern sowie den vielfältigen Solidaritätspraxen. Während Geflüchtete lange primär als Opfer dargestellt wurden, rücken neuere wissenschaftliche Arbeiten die agency der Betroffenen in den Vordergrund, die neue Formen von Solidarität und Fürsorge aktiv gestalten.

Die Konferenz lädt zu einem inter- und transdisziplinären Dialog ein, um zu erforschen, wie Akteur*innen – von politischen Entscheidungsträger*innen und Praktiker*innen bis zu Wissenschaftler*innen und Community-Organisator*innen – auf diese Entwicklungen reagieren. Besonders erwünscht sind Beiträge, die beleuchten, wie Schutz und Inklusion unter Bedingungen wachsender politischer Unsicherheit, administrativer Einschränkungen und sozialer Fragmentierung konzeptualisiert und umgesetzt werden.

Inter- und transdisziplinäres Engagement

Die Konferenz richtet sich an Forschende mit und ohne Fluchterfahrung auf allen Karrierestufen sowie an Praktiker*innen, Studierende und Interessierte. Ziel ist es, Teilnehmende aus verschiedenen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Bereichen – u. a. Politikwissenschaft, Soziologie, Anthropologie, Soziale Arbeit, Humangeographie, Pädagogik, Recht, Public Health, Medien- und Kommunikationswissenschaften sowie Psychologie – zusammenzubringen. Das Ziel ist es, empirisches Wissen und praxisorientierte Expertise zu verbinden und so kritische, kollaborative Gespräche zu fördern.

Thematische Schwerpunkte (Auswahl, nicht abschließend)

Beiträge können theoretisch, empirisch oder praxisorientiert sein. Besonders willkommen sind Beiträge, die disziplinäre oder sektorale Grenzen überschreiten und unterrepräsentierte Stimmen – inklusive von Geflüchteten – sichtbar machen.

 

2. Einreichungsrichtlinien

Akzeptierte Formate

Auswahlkriterien und Leitlinien für Panels, Roundtables und Workshops

 

3. Wichtige Termine

Ereignis Datum
Einreichungsfrist Abstracts 9. Januar 2026
Benachrichtigung Annahme März 2026
Registrierung 1. März bis 30. Juni 2026
Konferenztermine 28.–30. September 2026

 

4. Konferenzdetails

Die Konferenz findet in Präsenz an der Universität Hildesheim statt.

Grundsätzlich planen wir alle Panels vollständig in Präsenz mit Teilnahme vor Ort. In gut begründeten Ausnahmefällen können wir eine sehr kleine Zahl hybrider Panels (maximal drei pro Zeitslot) ermöglichen. Bitte melden Sie entsprechenden Bedarf mit kurzer Begründung (z. B. gesundheitliche Gründe, Visabestimmungen oder besondere Betreuungspflichten) frühzeitig – spätestens vor Abschluss der Registrierung – beim Organisationsteam.

Ort:
Universität Hildesheim
Hauptcampus / Campus Marienburger Höhe
Universitätsplatz 1
31141 Hildesheim

Informationen zur Registrierung:

Finanzielle Unterstützung:
Stipendien für Geflüchtete sowie (begrenzte) finanzielle Unterstützung für Antragstellende ohne institutionelle Förderung werden – abhängig vom Erfolg der laufenden Fundraising-Bemühungen – zur Verfügung gestellt; Details folgen Anfang 2026 auf der Konferenzwebsite.

Sprachen: Deutsch und Englisch

5. Organisationsteam

Vorstand des Netzwerks Fluchtforschung

c/o German Institute for Global and Area Studies | Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA)

Neuer Jungfernstieg 21
20534 Hamburg
https://fluchtforschung.net/home/

 

Konferenzleitung und lokales Organisationsteam

Zentrum für Bildungsintegration (ZBI), Universität Hildesheim

Prof. Dr. Sybille Münch

Anna-Christine Görg

Miriam Kühne


Migration Policy Research Group,
Universität Hildesheim

Prof. Dr. Hannes Schammann

Zeynep Aydar

Christin Younso

 

Stiftung Universität Hildesheim

Universitätsplatz 1

31141 Hildesheim

 

www.uni-hildesheim.de/zbi

www.uni-hildesheim.de/migrationspolitik

 

6. Kontakt und Website

📧 E-Mail:            nwff2026@uni-hildesheim.de

🌐Website:          https://fluchtforschung.net/6-konferenz-des-netzwerks-fluchtforschung/
www.uni-hildesheim.de/zbi/nwff2026

📝Einreichungen: www.conftool.pro/nwff2026/