Lokale Flüchtlingspolitik

Die Kommunen in Deutschland werden durch die gestiegene Frequenz von Flüchtlingszugängen vor neue Herausforderungen gestellt. Die Menschen, die unter dem Begriff „Flüchtlinge“ erfasst werden, stellen eine äußerst heterogene Gruppe dar. Korrespondierend mit den Situationen in den jeweiligen Herkunftsländern sind nicht nur die Fluchtmotive und Erfahrungen, sondern auch die sozialstrukturellen und kulturellen Rahmenbedingungen (etwa Sprache, Bildungsniveau, Alter, Religion) enorm divers. Gleichzeitig liegen in den Kommunen sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen vor. Neben Dolmetschern, rechtlicher Beratung und allgemeinen Orientierungsangeboten sind Sprachkurse für Erwachsene und Kinder notwendig. Während für Erwachsene und ältere Jugendliche der Arbeitsmarktzugang zentral ist, stellen Flüchtlingskinder besondere Anforderungen an die Bildungsinstitutionen. Darüber hinaus kommt der öffentlich zugänglichen technischen und sozialen Infrastruktur besondere Bedeutung zu (etwa öffentlicher Nahverkehr, Kommunikationsmöglichkeiten, medizinische und psychologische Versorgung usw.). Vor diesem Hintergrund erscheinen große Städte besonders geeignet für die Integration von Flüchtlingsfamilien. Andererseits ist gerade in den Ballungszentren der Wohnraum knapp und die Gefahr der Segregation erhöht. Während in ländlichen Regionen und Kleinstädten die öffentliche Infrastruktur schwächer ausgebaut ist, gelingt die dezentrale Unterbringung aufgrund der großzügigeren räumlichen Gegebenheiten deutlich besser (sowohl in Bezug auf den Leerstand als auch im Hinblick auf mögliche Baumaßnahmen). Darüber hinaus unterscheiden sich urbane und ländliche Räume im Umgang mit Fremdheit weitgehend: Während in ländlichen Räumen der (mir) fremde Menschen auffällt, überrascht es in Ballungsräumen, einem (mir) bekannten zu begegnen. Entsprechend variieren Erfahrungen im Umgang mit Neuzugewanderten und ggf. auch die Bereitschaft zum Austausch („Willkommenskultur“), was sich auf Integrationsprozesse auswirken kann. Der Schutz von Flüchtlingseinrichtungen vor rechtsextremen Anschlägen scheint in ländlichen Regionen ebenso schwerer gewährleistet zu werden. Andererseits könnten die traditionellere Lebensweise und das insgesamt konservativere Milieu auf dem Lande für bestimmte Flüchtlingsfamilien die Integration erleichtern.

Im AK „Lokale Flüchtlingspolitik“ soll die Expertise im Hinblick auf die unterschiedlichen Potenziale von Großstädten, kleineren Städten und Landgemeinden gebündelt werden. Dabei sollen die Bedürfnisse unterschiedlicher Gruppen und Lebensphasen (Senioren, Erwachsene, Eltern, Jugendliche, Kinder) unterschieden werden, da die Integrationspotenziale der

Raumtypen je nach Lebensphasen variieren können. Neben dieser allgemeinen Perspektive können zudem unterschiedliche kommunale Strategien, Maßnahmen und andere Besonderheiten (architektonische, städtebauliche, räumliche, infrastrukturelle, regionale etc.) berücksichtigt werden.

Ziel ist es, eine realistische Einschätzung der Rahmenbedingungen von Gemeinden und Städte für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen zu ermöglichen. Entsprechend ließen sich hieraus auch zielgerichtete Zusatzangebote ableiten und ggf. erforderliche Modifikationen auf unterschiedlichen Ebenen formulieren.

Mögliche Aktivitäten: Herausgabe eines Sammelbandes, Kooperationen mit Kommunen, Unterstützung von Projekten/Dissertationen zu diesem Themenfeld, Tagung/Vortragsreihe.

 

Prof. Dr. Sybille Münch
muenchs@uni-hildesheim.de

Anmeldung zur Emailliste:
ak.lokale-fluechtlingspolitik-join@info.uni-hildesheim.de