Die neue Bundesregierung wird den restriktiven Kurs in der Grenz- und Asylpolitik, den die Ampelkoalition seit 2023 eingeschlagen hat, fortsetzen und intensivieren. Eine zentrale Maßnahme dabei sind Grenzkontrollen, die auf unbestimmte Zeit fortgesetzt und noch verstärkt werden sollen. Darüber hinaus sollen Zurückweisungen von Personen erfolgen, die ein Asylgesuch stellen. Wie das in der Praxis aussehen könnte, ist unklar und politisch umstritten. In diesem Beitrag rekonstruieren wir die politischen Entwicklungen und Kontroversen, die mit der Einführung von Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen einhergehen, inklusive der rechtlichen Hintergründe. Anschließend beurteilen wir die Auswirkungen der Kontrollen, insbesondere auf schutzsuchende Personen.
Gemäß des Schengener Grenzkodex (SGK) sind Personenkontrollen im Schengenraum grundsätzlich abgeschafft. Nur unter bestimmten Bedingungen dürfen Grenzkontrollen vorübergehend wieder eingeführt werden, etwa wenn die (nationale) öffentliche Ordnung und innere Sicherheit ernsthaft bedroht sind. Die Kontrollen dürfen nur als letztes Mittel dienen und müssen verhältnismäßig sein. Die Regierungen müssen die Wiedereinführung in einem Notifikationsschreiben an die Europäische Kommission begründen.
Seit der Etablierung des Schengen-Raums gibt es (temporäre) Grenzkontrollen: allein seit 2006 gab es 463 Notifikationen von Mitgliedstaaten (Stand 14.4.2025). In der Vergangenheit haben Staaten die Regeln des SGK regelmäßig ignoriert und Kontrollen entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union länger durchgeführt als erlaubt. Auch in Deutschland dauert der exekutive Ungehorsam entgegen Beschlüssen hoher Gerichte an.
Der SGK wurde im Frühjahr 2024 reformiert. Nunmehr gelten auch plötzlich auftretende hohe und unautorisierte Sekundärmigration und die „Instrumentalisierung“ von Migration durch andere Regierungen als möglicher Grund für eine Wiedereinführung von Kontrollen. Darüber hinaus wurde die maximale Dauer von Kontrollen in außergewöhnlichen und schwerwiegenden Fällen auf drei Jahre verlängert. Zwar wurden auch die Supervisions- und Benachrichtigungspflichten an die EU-Kommission verstärkt, doch gleichzeitig vergrößerten sich die Handlungsspielräume für die Mitgliedstaaten. Die gegenwärtige Ausweitung von Grenzkontrollen in Deutschland und anderen EU-Staaten deutet darauf hin, dass Staaten diese neuen Spielräume auch nutzen.
Entwicklung der Grenzkontrollen in Deutschland
In der Vergangenheit gab es immer wieder Kontrollen durch deutsche Behörden an den Grenzen zu den Nachbarländern. Diese waren von kurzer Dauer (politische oder gesellschaftliche Großereignisse), auf einen bestimmten Grenzabschnitt beschränkt (Bayern-Österreich, seit 2015) oder standen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Darüber hinausgehende Forderungen nach einer Ausweitung von Grenzkontrollen inklusive der Zurückweisung von Asylsuchenden waren politisch nicht mehrheitsfähig.
Der Wiedereinführung der Kontrollen an allen Grenzen im September 2024 ging seit Mitte 2022 eine Debatte um die Überforderung von Kommunen mit der Aufnahme von Schutzsuchenden voraus. Dies resultierte in Forderungen nach zahlreichen restriktiven Maßnahmen, v.a. ausgehend von Unionsparteien und AfD, darunter auch nach einer Ausweitung von Grenzkontrollen. Die seit 2021 amtierende Bundesregierung und die zuständige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatten sich zunächst gegen zusätzliche Grenzkontrollen ausgesprochen. Ausschlaggebend waren Sorgen um die europäische Integration sowie vor negativen Folgen für Grenzregionen und die Wirtschaft. Am 16. Oktober 2023 wurden dann doch zusätzliche Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz eingeführt und sukzessive verlängert. Der Bundespolizei war es nun möglich, an diesen Abschnitten, neben der Schleierfahndung und flexiblen Schwerpunktkontrollen auch stationäre Grenzkontrollen durchzuführen. Letztere finden dabei nur an ausgewählten Grenzübergängen statt. Kontrollen an weiteren Grenzen wurden im Sommer 2024 im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland und den Olympischen und Paralympischen Spielen in Paris eingeführt. Als diese Kontrollen auslaufen sollten, übten Vertreter*innen v.a. von AfD und Unionsparteien scharfe Kritik. Die gewalttätigen Tötungsdelikte in Mannheim (31.05.2024), Solingen (23.08.2024) und Aschaffenburg (22.01.2025) durch psychisch erkrankte Täter mit Migrationsgeschichte wurden in einer aufschaukelnden öffentlichen Kontroverse genutzt, um Forderungen nach einer unbefristeten Einführung stationärer Kontrollen an allen Grenzen und Zurückweisungen von Schutzsuchenden zu rechtfertigen. Im Kontext dieser Debatte entschied die Regierung aus SPD, Grünen und FDP Mitte September 2024, Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen einzuführen.
In der Hochphase des Bundestagswahlkampfes forderten die Unionsparteien in einem Entschließungsantrag u.a. erneut die dauerhafte Beibehaltung von Kontrollen an allen Staatsgrenzen sowie die Zurückweisung aller Personen, die ohne gültige Dokumente nach Deutschland einreisen wollen, inklusive von Asylsuchenden. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und AfD angenommen und führte zu einer politischen Kontroverse, da erstmals in der Geschichte des Bundestags eine parlamentarische Mehrheit nur deshalb zustande gekommen war, weil eine rechtsextreme Partei zugestimmt hatte. CDU-Parteichef Friedrich Merz kündigte an, dass der von ihm auch als „Fünf-Punkte-Plan“ bezeichnete Antrag nicht verhandelbar sei und er am ersten Tag nach Übernahme der Regierungsgeschäfte systematische Zurückweisungen an allen Grenzen anweisen werde. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD sind diese Punkte enthalten. Die Zurückweisungen sollen in „Abstimmung“ mit den Nachbarstaaten erfolgen.
Analyse der Wirksamkeit und Auswirkungen von Grenzkontrollen schwierig
Politische Entscheidungsträger*innen stellen Grenzkontrollen als wirksames Instrument zur „Bekämpfung“ irregulärer Migration und Schleusungskriminalität dar. Eindeutige Kausalitäten lassen sich aufgrund unzureichenden Datenmaterials und komplexer Einflussfaktoren nicht einfach bestimmen. Die verfügbaren Zahlen und Informationen zur quantitativen Entwicklung irregulärer Einreisen und Asylanträge in Deutschland sind keine geeigneten Indikatoren, um die Wirksamkeit zu belegen. Die Kontrollen erschweren zwar eine Einreise ohne gültige Papiere. Unerlaubte Einreisen lassen sich aber nicht unterbinden, da die Grenzen nicht umfassend überwacht werden können. Die statistisch erfassten Rückgänge bei irregulären Einreisen und Asylanträgen können unserer Einschätzung nach stärker mit anderen Faktoren und insbesondere Entwicklungen in Herkunfts- und Transitländern erklärt werden. Darauf deutet etwa hin, dass die Zahl der erfassten irregulären Einreisen an den EU-Außengrenzen laut Frontex ebenfalls seit Herbst 2023 deutlich gesunken ist.
Zugleich sind Grenzkontrollen mit hohen direkten und indirekten Kosten verbunden. Insbesondere die unmittelbaren finanziellen Aufwendungen sind bereits bei der aktuellen Intensität der Kontrollen erheblich. Die negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft sind beachtlich. Für Millionen von Menschen in den Grenzregionen – sowohl in Deutschland als auch in den Nachbarstaaten – bringen die Kontrollen zum Teil erhebliche Einschränkungen mit sich.
Zurückweisungen und erschwerte Asylantragstellung
Ein zentraler Streitpunkt in der aktuellen Debatte sind die Auswirkungen auf Asylsuchende. Diesbezüglich betonte das BMI in der Vergangenheit, dass Grenzkontrollen den Zugang zum Asylverfahren nicht verhindern würden. Diese Aussage ist widersprüchlich, denn zugleich behaupten Politiker*innen, dass der Rückgang von Asylanträgen ein Indikator für die Wirksamkeit der Grenzkontrollen sei.
Im Rahmen der Kontrollen kam es von Oktober 2023 bis Ende März 2025 zu 50.000 Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, d.h. Personen wurden nach einer Personenkontrolle die Einreise verweigert. Zu bemerken ist, dass hierbei Personen mehrfach gezählt werden können. Zurückweisungen können auch dann erfolgen, wenn sich Personen nach Grenzübertritt weiterhin in einem Fahrzeug bspw. Auto oder Zug befinden, hierbei wird mit dem umstrittenen Konzept der Fiktion der Nichteinreise gearbeitet.
Seit Einführung der Binnengrenzkontrollen 2023 nehmen die dokumentierten Asylgesuche an den Grenzen ab und die Zurückweisungen zu. Noch im dritten Quartal 2023 wurde bei 54,5% aller unerlaubten Einreisen ein Asylgesuch erfasst, während 22,2% der als unerlaubt eingereist erfassten Personen zurückgewiesen wurden. Seit Beginn des Jahres 2024 hat sich dieses Verhältnis umgekehrt: Im vierten Quartal 2024 wurden in 16,8% der Fälle Asylgesuche dokumentiert, während 55,3% der Personen zurückgewiesen wurden (siehe auch Tab. 1).
3. Quartal 2023 | 4. Quartal 2023 | 1. Quartal 2024 | 2. Quartal 2024 | 3. Quartal 2024 | 4. Quartal 2024 | |
Erfasste unerlaubte Einreisen | 46.790 | 35.421 | 19.994 | 22.313 | 21.891 | 18.717 |
Erfasste Asylgesuche | 24.955 | 13.283 | 4.361 | 5.311 | 5.038 | 3.136* |
Im Verhältnis | 54,5% | 37,5% | 21,8% | 23,8% | 23,0% | 16,8% |
Zurückweisungen | 10.400 | 12.629 | 10.173 | 11.488 | 12.506 | 10.350 |
Im Verhältnis | 22,2% | 35,6% | 50,8% | 51,5% | 57,1% | 55,3% |
Tabelle. 1: Erfasste Asylgesuche und Zurückweisungen im Verhältnis zu erfassten unerlaubten Einreisen. Eigene Berechnungen auf Grundlage von BT-Drucksache 20/12827 und 20/14902; *Für Dezember 2024 ohne Zahlen für Asylgesuche an See- und Luftgrenzen.
Diese Entwicklung ist auch deswegen verwunderlich, da sowohl bei den erfassten irregulären Einreisen als auch bei den Zurückweisungen sehr viele Personen aus Ländern erfasst wurden, deren Staatsangehörige häufig ein Schutzgesuch in Deutschland stellen. So kamen knapp 50% der zwischen August 2023 bis November 2024 zurückgewiesenen Personen allein aus Syrien (13,3%), der Ukraine (12,9%), Afghanistan (10,6%) oder der Türkei (10,2%).
Die hier beschriebenen Entwicklungen deuten auf veränderte Praktiken der Bundespolizei bei der Bearbeitung von Asylbegehren im Kontext der Binnengrenzkontrollen hin. Laut Bundespolizei wurde in allen statistisch dokumentierten Fällen der Zurückweisung kein Asyl- oder Schutzgesuch gestellt. Doch zivilgesellschaftliche Akteure, gestützt durch Berichte Betroffener und Hintergrundgespräche, berichten von systematischen Defiziten bei der Aufnahme von Asylgesuchen. Sechs prominente und gut dokumentierte Testimonies einer Zurückweisung trotz Vorbringens eines Asylgesuchs stammen aus dem Jahr 2022. In diesen bezeugen sechs Personen aus Syrien an der deutsch-österreichischen Grenze zurückgewiesen worden zu sein, obwohl sie ein Asylgesuch geäußert haben. Darüber hinaus gibt es weitere Berichte ähnlicher Vorfälle auch an anderen Grenzabschnitten. Es ist herausfordernd, ein systematisches Überhören von mündlich vorgebrachten Asyl- und Schutzgesuchen nachzuweisen. Aber die Häufung dieser Berichte wirft zumindest Zweifel an der Behauptung auf, das Asylsuchende bisher nicht zurückgewiesen worden sind. Wichtig zu beachten ist dabei, dass unterschiedliche Hürden und strukturelle Barrieren das Stellen von Asyl- und Schutzgesuche erschweren. Dazu zählt die Klassifikation des Grenzübertritts als unerlaubte Einreise und damit Verdacht auf einen Straftatbestand, zu dem Schutzsuchende als Beschuldigte befragt werden, wodurch sich diese eingeschüchtert fühlen könnten und auf das Stellen eines Asylantrags verzichteten.
Diskussion und Ausblick
Zu bemerken ist zunächst, dass die politische Diskussion um Grenzsicherung insgesamt und die Binnengrenzkontrollen im Speziellen das Thema der Gewährung von Schutz systematisch ausblendet. Ein großer Teil der als unerlaubte Grenzübertritte erfassten Einreisen betrifft Menschen, die anschließend einen Schutzstatus erhalten. Forscher*innen sprechen daher auch von “fake illegals”. Die Bezeichnung “falsche Illegale” ist auch deswegen sinnvoll, da die Einreise ohne Visum bzw. Pass in der Regel für Asylsuchende und vor allem für schutzberechtigte Menschen strafbefreit ist. Das Framing dieser Menschen als irreguläre oder illegale Migrant*innen führt dazu, den Schutzbedarf dieser Personen zu delegitimieren.
Auch für Deutschland gilt daher, dass der Umfang genuin unerlaubter Grenzübertritte bei Berücksichtigung der Strafbefreiung für Schutzsuchende deutlich geringer ausfällt. Die bereinigte Gesamtschutzquote, bei der formelle Entscheidungen der Einstellung von Verfahren herausgerechnet werden, lag in den Jahren 2022 und 2023 bei rund 70% in der ersten Instanz. Im Jahr 2024 lag sie bei knapp 60% (eigene Berechnung auf Basis der Zahlen des BAMF). Diese Quote erhöht sich durch positive Entscheidungen der Verwaltungsgerichte weiter.
Bei der Diskussion um Grenzkontrollen wird zudem ausgeblendet, dass es für schutzsuchende Menschen in der Regel so gut wie keine legalen und sicheren Einreisewege nach Europa gibt. Das bedeutet, dass schutzsuchende Menschen in der überwiegenden Zahl der Fälle gar keine andere Wahl haben, als unerlaubt einzureisen um Schutz beantragen zu können. Innerhalb des europäischen Asylsystems gibt es weder ein System der Verantwortungsteilung noch ausreichend legale Wege in andere EU-Staaten. Die Rücküberstellung von Asylsuchenden und anerkannten Schutzberechtigten in andere EU-Staaten im Rahmen der Dublin-III Vereinbarung wird zudem regelmäßig von deutschen Gerichten mit Verweis auf unzureichende Aufnahmebedingungen untersagt.
In Anbetracht nicht belegter Wirksamkeit und nicht beabsichtigter Nebenwirkungen können Grenzkontrollen zu einem großen Teil als Element politischer Kommunikation betrachtet werden. Gemeinsam mit anderen Maßnahmen sollen sie den Eindruck vermitteln, dass die Bundesregierung bzw. die deutschen Behörden die Kontrolle über Ein- und Ausreisen behalten und für Sicherheit und Stabilität sorgen. Dabei verstärken einseitig auf Kontrolle fokussieren Diskurse eine Stigmatisierung und Kriminalisierung schutzsuchender Menschen. Es ist zwar nachvollziehbar, dass Sicherheitsbedürfnisse in der Bevölkerung adressiert werden. Jedoch hat es zum einen mittel- und langfristig destabilisierende Folgen, wenn politisch geweckte Erwartungshaltungen nicht erfüllt werden können. Politische Maßnahmen sowie die öffentliche Kommunikation darüber sollten stärker auf seriösen, umfassenden und soliden empirisch fundierten Evidenzen basieren.
Sind die bisherige Praxis und politische Diskussion bereits problematisch, so will die künftige Bundesregierung noch weitere Maßnahmen ergreifen. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass die Kontrollen an allen deutschen Grenzen solange fortgesetzt werden sollen, bis es einen funktionierenden Außengrenzschutz gibt und andere Staaten die bestehenden GEAS-Regelungen einhalten. Wie genau sich die im Sommer 2026 in Kraft tretenden neuen Regeln des GEAS auf Flucht- und Migrationsbewegungen auswirken werden, ist schwer zu prognostizieren. Es ist ungewiss, inwiefern der erhoffte Effekt eines weiteren Rückgangs der Fluchtbewegungen von Schutzsuchenden nach Deutschland eintreffen wird. Ebenso spricht nicht sehr viel dafür, dass Staaten an den Außengrenzen – angesichts des mit der GEAS-Reform eingeführten weiterhin nur sehr rudimentären Solidaritätsmechanismus – große Anreize für eine Verbesserungen ihrer Registrierungspraxis, ihrer Aufnahmebedingungen und Integrationspolitiken sehen. Auch bezüglich der Annahme, dass mit einem weiteren Ausbau von Grenzschutzmaßnahmen an den EU-Außengrenzen weniger Personen versuchen nach Europa zu kommen, gibt es keine belastbaren Belege. Hingegen gibt es zahlreiche Berichte über äußerst gewaltsame und nicht EU-rechtskonforme Grenzschutzpraktiken.
Noch ist unklar, wie die im Koalitionsvertrag vereinbarte Ankündigung der Zurückweisung von Schutzsuchenden „in Abstimmung mit den Nachbarländern“ konkret umgesetzt werden kann. Vertreter*innen von CDU/CSU sind der Auffassung, dass Zurückweisungen auch ohne Zustimmung, sondern lediglich mit Information der Nachbarstaaten rechtlich zulässig und praktisch möglich sind. Mit den Nachbarstaaten wird bereits über die Möglichkeit einer gemeinsamen Linie verhandelt. Bezüglich der Umsetzung einer solchen Politik bleiben jedoch zahlreiche rechtliche, praktische und politische Fragen offen. Das Thema ist politisch äußerst sensibel. Vertreter*innen von Nachbarstaaten wie Österreich oder Polen haben sich mehrfach ablehnend zu Zurückweisungen geäußert. In den vergangenen Wochen haben polnische Rechtsextreme Grenzübergänge blockiert, um gegen Zurückweisungen zu protestieren. Unilaterale Zurückweisungen drohen daher zu einer politischen Eskalation zu führen. Absehbar würde dies mit weiteren Risiken für schutzsuchende Menschen verbunden sein. Da laut Koalitionsvertrag die wenigen regulären Wege, wie etwa humanitäre Aufnahmeprogramme oder der Familiennachzug für subsidiär Geschützte gleichzeitig ausgesetzt werden sollen, ist mit einer weiteren Irregularisierung von Fluchtbewegungen, einer größeren Abhängigkeit von Schleusernetzwerken und wahrscheinlich auch einer Intensivierung von Gewalt an den deutschen Grenzen zu rechnen. Selbst wenn eine solche Politik dazu beitragen würde, dass weniger Asylsuchende nach Deutschland kommen, wäre der politische Preis, der dafür gezahlt werden müsste, sehr hoch. Auch im Hinblick auf die ökonomischen Kosten wären dauerhafte oder noch intensivere Grenzkontrollen äußert problematisch.
Der Beitrag basiert auf einer Expertise (Teil 1 wurde bereits veröffentlicht, ein umfangreicherer und aktualisierter Bericht erscheint in Kürze).