Vom Sommer der Migration zum langen Winter der Flüchtlingspolitik: Afghan*innen im deutschen Asylregime

Schutzsuchende aus Afghanistan stehen in Deutschland oft im Mittelpunkt der Debatten über Migration und Asyl. Dieser Beitrag blickt zurück auf zehn Jahre deutscher Politik in Bezug auf afghanische Geflüchtete. Im Zentrum stehen die Abschiebungen zwischen 2016 und 2021 und die Aufnahmeprogramme für Afghan*innen, nachdem die Taliban in Kabul im August 2021 erneut die Macht übernommen hatten.

 

Kurz vor der Bundestagswahl bekam ich die folgende Nachricht von Mona (Name geändert), einer Afghanin, die ins Bundesaufnahmeprogramm (BAP) für Afghanistan aufgenommen war und in Islamabad auf die Weiterreise nach Deutschland wartete: „Ich bin sehr beunruhigt und habe Angst. Wir sind vor solchen Leuten weggelaufen, und jetzt sind sie in Deutschland. Ich habe Angst vor der Zurückweisung aller Afghanen in Pakistan.“ Mona, die ich bei einem zweieinhalbmonatigen Forschungsaufenthalt in Islamabad kennengelernt hatte, bezog sich auf den Anschlag in München am 13. Februar 2025, bei dem ein Afghane mit seinem Auto in eine Gewerkschaftsdemonstration fuhr und knapp vierzig Menschen verletzte, von denen zwei später starben.

Am selben Tag wurde ein Flug abgesagt, mit dem Afghan*innen aus dem BAP nach Deutschland kommen sollten. Das BAP hat zum Ziel, unter dem Taliban-Regime besonders gefährdete Personen nach Deutschland zu holen. In der Folge nannte Friedrich Merz das BAP „einigermaßen irre“ und CDU-Politiker forderten den sofortigen Stopp des Programms. Damit scheint ein vorläufiger Höhepunkt der Verschärfungen der deutschen Asylpolitik erreicht zu sein, die nicht nur, aber vor allem Afghanistan betreffen. Nach dem langen Sommer der Migration 2015/16, in dem weit über 100.000 Menschen aus Afghanistan nach Deutschland kamen, ist nun ein langer Winter mit einer zunehmend restriktiven Asylpolitik eingebrochen.

 

Die deutsche Abschiebungspolitik

Das BAP der Ampelkoalition steht im Kontrast zur entschiedenen Abschiebungspolitik der vorhergehenden Bundesregierung. Während die damalige Kanzlerin Merkel vor allem mit ihrem Spruch „Wir schaffen das!“ und ihrer Entschlossenheit, im Sommer 2015 die Grenzen offenzuhalten, in Verbindung gebracht wird, war ihre nachfolgende Asylpolitik alles andere als offen. Nach Syrer*innen waren Afghan*innen die zweitgrößte Gruppe von Geflüchteten, die 2015 und 2016 Deutschland erreichten. 2016 wurden 127,012 Asylanträge von Afghan*innen gestellt (S. 24). Die Regierung setzte alles daran, die Zahlen zu senken.

Damals wie heute galten Abschiebungen als das Mittel der Wahl dafür. Syrer*innen konnten wegen des andauernden Kriegs in Syrien nicht abgeschoben werden, aber die Regierung betrachtete Afghanistan als „sicher“. Wenn nicht das ganze Land, dann zumindest Kabul und einige andere Regionen. Gemeinsam mit der EU setzte die Bundesregierung die afghanische Regierung unter Druck, einem Rücknahmeabkommen für Abgeschobene zuzustimmen. Im Dezember 2016 startete die erste Sammelabschiebung nach Kabul. Trotz der extrem prekären Sicherheitslage in Afghanistan nach Jahrzehnten erbitterter Konflikte, die die Bundesregierung etwa in ihren strikten Reisewarnungen durchaus anerkannte, fanden die Flüge mit Unterbrechungen während der Pandemie nahezu monatlich statt. Nach dem Anschlag auf die deutsche Botschaft in Kabul Ende März 2017 wurden die Abschiebungen zunächst auf „Kriminelle, Gefährder und Identitätsverweigerer“ beschränkt. Mit diesen Kategorien versuchte die Bundesregierung Flüchtlinge zu delegitimieren, analog zu den früheren „Scheinasylanten“. Als „kriminell“ galt man für Abschiebungszwecke manchmal schon, wenn man wegen dreimaligen Schwarzfahrens verurteilt wurde. Die Einschränkung der Abschiebungen auf „Kriminelle, Gefährder und Identitätsverweigerer“ wurde nach einem Jahr wieder aufgehoben. Aber auch später betonte die Bundesregierung, dass die meisten Abgeschobenen Straftäter waren, was keinesfalls immer stimmte. Dass Afghanistan für die Abgeschobenen durchaus nicht sicher war, zeigte Friederike Stahlmanns Studie über die Erfahrungen der Abgeschobenen. Gleichzeitig sank die Zahl der Anerkennungen afghanischer Geflüchteter durch das BAMF von 78 Prozent in 2015 auf 47 Prozent in 2017, ohne dass sich die Situation in Afghanistan verbessert hätte. Damit hatten Afghan*innen in Deutschland keine „gute Bleibeperspektive“ mehr, obwohl 60 Prozent der negativen Entscheidungen des BAMF von Verwaltungsgerichten korrigiert wurden.

Als 2021 die Taliban eine Provinz Afghanistans nach der anderen übernahmen, war das für die Bundesregierung kein Grund, die Abschiebungen zu stoppen. Noch als im August der deutsche Botschafter in Kabul gemeinsam mit EU-Kolleg*innen zum sofortigen Stopp der Abschiebungen aufrief, bestand der damalige Innenminister Horst Seehofer auf weiteren Flügen. Aber schließlich konnte die Bundesregierung die Augen vor der Realität nicht länger verschließen und sagte die für den 11. August 2021 geplante Sammelabschiebung aus Sicherheitsgründen ab. Kurz danach, am 15. August 2021, übernahmen die Taliban die Macht in Kabul. Zwischen Dezember 2016 und Sommer 2021 wurden insgesamt 1.104 Afghanen nach Afghanistan abgeschoben.

 

Sterben lassen

In einem früheren Artikel habe ich die deutsche Abschiebungspolitik als Beispiel für die dunkle Seite von Michel Foucaults Konzept der Biomacht analysiert. Foucault bestimmt Biomacht als die Macht „leben zu machen und sterben zu lassen“ (Michel Foucault: In Verteidigung der Gesellschaft. Frankfurt, 2001, S. 284). Während sich die meisten Analysen von Biomacht auf die Seite des „leben machen“ beziehen, sehe ich die Abschiebungen nach Afghanistan als Beispiel für „sterben lassen“. Foucaults Unterscheidung betrifft die Frage, für wen Staaten biopolitisch sorgen und wem sie ihre Sorge verweigern. Er bezog sich vor allem auf die rassistische Ausgrenzung der Juden in Nazideutschland, die direkt in den Holocaust mündete. Hier wurde aus „sterben lassen“ aktives Töten. Aber Foucault hält fest: „Selbstverständlich verstehe ich unter Tötung nicht den direkten Mord, sondern auch alle Formen des indirekten Mordes: jemanden der Gefahr des Todes ausliefern, für bestimmte Leute das Todesrisiko oder ganz einfach den politischen Tod, die Vertreibung, Abschiebung usw. erhöhen“ (ibid., 303).

Das Prinzip des ‚sterben lassen‘ derjenigen, denen die biopolitische Sorge eines Staates nicht gilt, findet man so auch an den tödlichen EU-Außengrenzen – oder bei Abschiebungen, bei denen der abschiebende Staat jenseits verbaler Beteuerungen keine Verantwortung für das Schicksal der Abgeschobenen übernimmt. Abschiebung ist eine Praxis, die Menschen nicht nur aus dem Territorium eines Staates entfernt, sondern auch aus dem Bereich seiner biopolitischen Verantwortung.

 

Nach der erneuten Machtübernahme der Taliban: die zögerliche Aufnahme von Ortskräften und anderen gefährdeten Afghan*innen

Man kann sterben lassen nicht nur in den Abschiebungen sehen, sondern auch in der anfänglichen weitgehenden Weigerung, für die Sicherheit derjenigen Afghan*innen Sorge zu tragen, die mit deutschen Institutionen, besonders der Bundeswehr, gearbeitet hatten. Sie wurden von den Taliban als Kollaborateur*innen betrachtet und waren daher nun besonders gefährdet. Schon Jahre zuvor hatte die Bundeswehr begonnen, „Ortskräfte“ nicht mehr direkt anzustellen, sondern über Subunternehmer zu beschäftigen. Nach der Machtübernahme wurde argumentiert, dass diese Personen nicht gefährdet seien, da sie ja nicht bei der Bundeswehr bzw. anderen deutschen Organisationen angestellt waren – als ob sich die Taliban für die Details von Beschäftigungsverhältnissen interessieren würden – und dass Deutschland deshalb auch nicht für ihren Schutz verantwortlich war.

Die, gelinde gesagt, zögerliche Haltung der Bundesregierung änderte sich erst durch massiven zivilgesellschaftlichen Druck. Journalist*innen und Nichtregierungsorganisationen, die in Afghanistan gearbeitet hatten, organisierten die Ausreise von ihren gefährdeten Partner*innen und fluteten das Auswärtige Amt mit Anträgen für Aufnahmezusagen. Das Gleiche taten ehemals in Afghanistan stationierte Angehörige der Bundeswehr, die nun versuchten, ihre lokalen Mitarbeiter*innen zu unterstützen und zu diesem Zweck das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte gründeten. Als die Bundesregierung keine Möglichkeiten für Evakuierungsflüge mehr sah, organisierten Aktivist*innen privat einen Flug nach Kabul. Damit entstand die Kabul Luftbrücke, die bis heute Gefährdete bei der Ausreise aus Afghanistan und beim Aufenthalt in Pakistan unterstützt. Im Abschlussbericht  der Enquete-Kommission des Bundestags zu Afghanistan (S. 376ff), berichten afghanische Zeugen, dass sie ohne den Einsatz der Kabul Luftbrücke das Land nicht hätten verlassen können.

Mit den Meldungen der zivilgesellschaftlichen Organisationen richtete das Auswärtige Amt im September 2021 eine Menschenrechtsliste ein und versprach ca. 2.600 besonders gefährdeten Afghan*innen, die keine Ortskräfte waren, die Aufnahme in Deutschland. Sie bekamen ohne Asylverfahren, jedoch nach eingehender Überprüfung ihrer Gefährdung, ein humanitäres Aufenthaltsrecht nach §22.2 des Aufenthaltsgesetzes. Aber das Vorgehen der Regierung wurde als restriktiv und intransparent kritisiert.

Erst mit dem Amtsantritt der Ampel-Regierung im Dezember 2021 verschob sich die zögerliche deutsche Haltung ein wenig. Schon im Koalitionsvertrag war ein humanitäres Aufnahmeprogramm für Afghan*innen versprochen worden. Im Oktober 2022 verkündeten BMI und AA gemeinsam den Start des Bundesaufnahmeprogramms für Afghanistan (BAP). Zuvor schon waren gefährdete Afghan*innen über das Ortskräfteverfahren, das sogenannte Überbrückungsprogramm und eben die Menschenrechtsliste aufgenommen worden. Im Unterschied zu den vorhergehenden Aufnahmeverfahren berücksichtigte das BAP nur noch Personen, die sich noch in Afghanistan, also direkt in der Gefahrensituation befanden. Das Verfahren läuft über viele Schritte und ist sehr kompliziert, sodass auch das BAP von Anfang an als intransparent kritisiert wurde. Personen, die eine Aufnahmezusage bekommen, müssen aus Afghanistan nach Pakistan reisen, da das weitere Verfahren an der deutschen Botschaft in Islamabad durchgeführt wird. Es war geplant, über das BAP monatlich 1.000 gefährdete Afghan*innen mit ihren Familienangehörigen nach Deutschland zu holen. Dieses Ziel wurde für dieses Programm nicht annähernd erreicht. Insgesamt hat Deutschland jedoch über die verschiedenen Aufnahmeprogramme bis Mitte 2024 ca. 47.000 besonders gefährdeten Afghan*innen Schutz in Aussicht gestellt. Von ihnen waren bis dahin ca. 33.600 Personen eingereist. Nach dem Sommer 2024 wurden keine weiteren Aufnahmezusagen erteilt.

 

Versicherheitlichung führt zu Verlangsamung

Im März 2023 insinuierte das Magazin Cicero, dass über das BAP Islamisten nach Deutschland geholt würden, in Form von ehemaligen Richter*innen und Staatsanwält*innen, die die Rechtsordnung der Scharia studiert hatten. Die Vorwürfe wurden nie belegt, aber die Visavergabe wurde pausiert, bis im Sommer 2023 zusätzliche Sicherheitsinterviews durch Beamt*innen von Bundespolizei, Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt in der Botschaft in Islamabad eingerichtet wurden. Diese Versicherheitlichung des Verfahrens führte zu erheblichen Verzögerungen, weil zunächst nur sehr wenige Sicherheitsinterviews durchgeführt wurden – fünf pro Tag – und gleichzeitig der Weg der Ausreise über den Iran geschlossen wurde. Auch wenn die Zahl der Überprüfungen in der Folge stieg, blieb das Verfahren sehr langsam. Oft wurden monatelang überhaupt keine Afghan*innen über das BAP oder die anderen Verfahren nach Deutschland geflogen. Die Kabul Luftbrücke hat auf ihrer Webseite einen Zähler zum BAP. Danach wurden bislang (Anfang Mai 2025) statt der versprochenen 28.000 Aufnahmezusagen nur 3.074 erteilt und lediglich 1.511 Menschen über das BAP nach Deutschland gebracht. Die Versicherheitlichung des Verfahrens hat ihre Parallele im Sicherheitsdiskurs in Deutschland, der Afghanen mehr oder weniger unter Generalverdacht als Gefährder stellt.

 

Warten in Islamabad

Die eingangs zitierte Mona ist eine Frauenrechtlerin, die mit einer deutschen NGO in Kabul gearbeitet hatte. Nach dem komplizierten Auswahlverfahren, das sie mit Unterstützung dieser Organisation durchlief, bekam sie eine Aufnahmezusage für das BAP. Während der Antragstellung hielt sie sich mit ihren Kindern in Afghanistan versteckt. Wäre sie bereits aus dem Land geflohen, hätte sie wegen der Beschränkung des Programms auf Antragsteller*innen, die sich noch in Afghanistan aufhalten, nicht mehr ins BAP aufgenommen worden können.

Nachdem sie die Aufnahmezusage bekommen hatte, musste sie für sich und ihre drei Kinder Pässe und Visa für Pakistan besorgen. Als gefährdete Person konnte sie nicht einfach in eine von den Taliban kontrollierte Behörde gehen, um die Papiere zu beantragen, sondern musste sehr teure, informelle Kanäle benutzen. Sie verkaufte ihren gesamten Besitz, um die Kosten für die Dokumente aufzubringen.

Fast ein Jahr musste Mona im Visumverfahren in Pakistan auf das Sicherheitsinterview warten, bei dem Beamte der Bundespolizei, des Verfassungsschutzes oder des Bundeskriminalamts potentielle Sicherheitsrisiken für Deutschland identifizieren sollen. Betroffene berichteten mir während meines Forschungsaufenthalts, dass dabei Fragen gestellt werden wie: ”Wären Sie bereit, ihre Religion zu wechseln?“ Ein junger Mann wurde gefragt, ob er bereit wäre, eine Frau aus Israel zu heiraten. Und ein Mädchen wurde gefragt, was ihre Eltern tun würden, wenn sie lesbisch wäre.

Das Sicherheitsinterview wird von den Wartenden einerseits erseht, andererseits gefürchtet, denn immer wieder kommt es vor, dass Afghan*innen danach die Aufnahmezusage entzogen wird. Gründe dafür werden, je nach Verfahren, entweder gar nicht oder nur sehr unkonkret genannt. Betroffene sind dann ohne weitere Unterstützung auf sich allein gestellt, auch Familien mit Kindern. Die Bundesregierung entledigt sich damit ihrer biopolitischen Verantwortung für diese Menschen. Dies ist besonders gravierend, da Pakistan im November 2023 damit begonnen hat, massiv nach Afghanistan abzuschieben. Aus Angst vor den Taliban wagt dennoch kaum jemand, nach Afghanistan zurückzukehren. Die Betroffenen versuchen, von Abschiebung bedroht, in Pakistan zu bleiben.

 

Statt Aufnahme gefährdeter Afghan*innen erneute Abschiebungen?

Die CDU/CSU kritisierte das BAP von Anfang an und forderte im Bundestagswahlkampf den sofortigen Stopp aller freiwilligen Aufnahmeprogramme. Die Ankunft der bislang letzten beiden Charterflüge wurden von Seiten der CDU und der CDU-nahen Medien mit einem Trommelfeuer von teils falschen Vorwürfen begleitet, wie etwa, dass NGOs die Afghan*innen für das BAP auswählten, oder dass sie „gezielt Familien nach Deutschland“ locken. Die WELT machte in einem Print-Artikel vom 18. Februar 2025 aus gefährdeten Afghan*innen „gefährliche Afghanen“. Nach den Anschlägen von Aschaffenburg und München sind Forderungen nach Abschiebungen nach Afghanistan wieder in aller Munde. Friedrich Merz sagte im Wahlkampf: „Wir sind das einzige Land in ganz Europa, das aus Afghanistan immer noch Ortskräfte holt (…). Sind wir denn wahnsinnig geworden? Wir holen noch Leute dazu, die nach Deutschland kommen, statt die, die da sind, abzuschieben.“ Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es: „Wir werden freiwillige Bundesaufnahmeprogramme soweit wie möglich beenden (zum Beispiel Afghanistan) und keine neuen Programme auflegen“ (S. 91). Die Einschränkung „so weit wie möglich“ lässt vielleicht noch ein Schlupfloch für die Afghan*innen offen, die bereits eine Aufnahmezusage haben und in Islamabad auf ihr Visum warten. Die CDU überlegt jedoch laut, sämtliche Aufnahmezusagen dieser Afghan*innen zu überprüfen, mit dem Ziel sie zu widerrufen.

Das BAMF erkennt die hochgradige Gefährdung von Afghan*innen inzwischen mehrheitlich an. 2024 wurden lediglich 5,4 Prozent der Asylanträge, die von Afghan*innen gestellt wurden, als unbegründet abgelehnt (S. 41), wobei die Tendenz für 2025 erneut steigt. Gemäß dem Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vom 4. Oktober 2024 sind wegen ihrer geschlechtsspezifischen Verfolgung Frauen aus Afghanistan in jedem Fall asylberechtigt. Dennoch hat der Präsident des BAMF, Hans-Eckhard Sommer, kürzlich gefordert, das individuelle Recht auf Asyl durch humanitäre Aufnahmeprogramme zu ersetzen. Solche Aufnahmeprogramme beruhen aber auf den Interessen des Staates und eben nicht auf dem Recht von Schutzbedürftigen. Sie können, wie die gegenwärtigen Diskussionen um das BAP zeigen, auch wieder eingestellt werden, ohne dass sie ihr Ziel jemals erreicht hätten. Ihr Schutzversprechen ist alles andere als verlässlich.

In jedem Fall zeichnet sich die Wende zurück zur Abschiebungspolitik ab. Im September 2024 fand die erste Sammelabschiebung nach der Machtübernahme der Taliban statt. Die Forderung nach regelmäßigen Abschiebungen nach Afghanistan dominiert den politischen Diskurs über Migration. Abschieben statt aufnehmen – die deutsche Biopolitik in Bezug auf Flüchtende aus Afghanistan droht, sich wieder auf die Seite des ‚sterben lassen‘ zu beschränken. Dem sogenannten Sommer der Migration  folgt ein langer Winter der deutschen Flüchtlingspolitik, in dem Schutzversprechen prekär werden. Sein Ende ist nicht abzusehen.

Teilen Sie den Beitrag

Facebook
Twitter
LinkedIn
XING
Email
Print

Abonnieren Sie unseren kostenfreien RSS-Feed: